In den letzten Jahren haben Finanzmärkte zunehmend Einfluss auf die Preise von Grundnahrungsmitteln genommen. Was einst ein Bereich realer Güter war, ist heute ein Spielfeld für spekulative Investoren geworden. Diese Entwicklung wirft die provokante Frage auf, ob Finanzgeschäfte über Leben und Hunger in ärmeren Ländern mitentscheiden – und wie man diesem Trend begegnen kann.
Die Studie untersucht, inwiefern Aktivitäten von Finanzmärkten – insbesondere spekulative Kapitalanlagen in Agrarrohstoffe – zu Preissteigerungen und -schwankungen bei Nahrungsmitteln beitragen und dadurch Hunger in Entwicklungsländern verschärfen. Sie wurde im Auftrag der Deutschen Welthungerhilfe erstellt und stützt sich auf empirische Daten und theoretische Analysen der globalen Getreide- und Sojamärkte.
Die Studie beschreibt vier Marktebenen:
Bass vergleicht diese Ebenen mit einer homöopathischen Verdünnung: Auf der letzten Stufe ist der Bezug zur realen Ware kaum mehr nachweisbar.
Seit den 1990er Jahren – verstärkt seit 2000 – drangen Finanzinvestoren in Rohstoffmärkte vor. Studien wie *„Facts and Fantasies About Commodity Futures“* (Gorton & Rouwenhorst) trugen dazu bei, Rohstoffe als eigene Anlageklasse zu etablieren. Mit der Einführung von **ETCs, ETFs und Zertifikaten** wurde der Zugang zu Agrarrohstoffen für institutionelle und private Anleger erleichtert.
Dies führte zu einem massiven Anstieg spekulativer Kapitalströme in Getreidemärkte.
Die Studie analysiert Daten der Weltbank (1960–2010) und zeigt:
Die Untersuchung legt nahe, dass spekulative Blasen auf den Agrarmärkten entstehen können.
Beispiele aus den USA zeigen, dass bis zu 40 % der Preisspitzen bei Rohstoffen (z. B. Öl) spekulationsbedingt sein könnten.
Obwohl sich der Einfluss auf Getreidepreise nicht genau beziffern lässt, existiert ein „Möglichkeitsraum“ für erhebliche nicht-fundamentale Preissteigerungen.
Steigende Weltmarktpreise führen zeitverzögert zu höheren Importpreisen und letztlich zu steigenden Verbraucherpreisen in Entwicklungsländern – auch bei stabiler lokaler Produktion.
Da arme Haushalte oft mehr als zwei Drittel ihres Einkommens für Nahrung ausgeben, resultieren daraus:
Selbst ein Preisanstieg von nur 1 % kann nach Schätzungen der Welthungerhilfe **16 Millionen Menschen zusätzlich** in Hunger treiben.
Bass fordert eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte und schlägt unter anderem vor:
Gleichzeitig betont er, dass ohne strukturelle Reformen der globalen Ernährungssysteme kein langfristiger Erfolg möglich ist.
Zur Bekämpfung finanzmarktinduzierter Hungerkrisen gehören laut Studie:
Finanzmärkte sind nicht die alleinige Ursache, aber ein Verstärker von Hungerkrisen.
Sie tragen dazu bei, Preisspitzen und Instabilität zu verschärfen, wodurch die ärmsten Bevölkerungsgruppen besonders leiden.
Eine Kombination aus finanzpolitischer Regulierung, sozialer Gerechtigkeit und nachhaltiger Landwirtschaft ist notwendig, um den Einfluss der Finanzmärkte auf den Hunger wirksam einzudämmen.
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